bei der Kommunikation von Zusammenhängen (z.B. in Form interaktiver Bücher),
in der geometrischen Forschung - als Explorationswerkzeug für den Forscher.
die Visualisierung der Ortslinie, die beim Ziehen an einem Basispunkt ein von diesem abhängiger Punkt beschreibt,
das modulare Konstruieren durch Zusammenfassen von Folgen von Konstruktionsschritten zu einem Makro.
Hinausgehend über die induktive Satzfindung unterstützt DGS mit dem Konzept der visuell-dynamischen Beweise (Elschenbroich 1999a,b) auf der Darstellungsebene das inhaltlich-anschauliche, operative Beweisen im Sinne von Wittmann und Müller(1988).
Das Zusammenspiel von Zugmodus und Ortslinien ermöglicht neue heuristische Problemlösestrategien, die insbesondere bei Einpassungsaufgaben darauf basieren, eine Bedingung an die fertige Lösung fallen zu lassen und die Daten zu variieren, vgl. Henn und Jock (1993) sowie die Beispiele und Analysen von Hölzl (1994, 1999).
Komplexere Konstruktionen werden erstmals durch ein Werkzeug auf der Darstellungs- und Handlungsebene unterstützt: Insbesondere Modulbildung (Weth 1992) und Ortslinien (Weth 1991) führen zu einer Erweiterung der Konstruktionsfertigkeiten.
Darüber hinaus wirft die Umsetzung abstrakter geometrischer Konzepte in die konkrete Implementierung einer DGS auch neue Forschungsfragen auf. Diese beginnen bei der richtigen mathematischen Modellierung dynamisch geometrischer Situationen, gehen weiter über die Exploration von Möglichkeiten zum computergestützten Beweisen geometrischer Sätze und führen bis hin zu fundamentalen Fragen nach der Definition des Theorembegriffs in dynamischen Kontexten. Oftmals stehen die in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragestellungen in direktem Bezug zu klassischen Fragen, die im 19. Jahrhundert untersucht wurden, die aber im Zuge der Algebraisierung und Axiomatisierung im frühen 20. Jahrhundert in Vergessenheit gerieten. Insbesondere Projektive Geometrie, Invariantentheorie und komplexe Funktionentheorie sind in ihren algorithmischen Varianten im Kontext der DGS von entscheidender Bedeutung. Es ist hierbei wichtig zu betonen, dass die im Rahmen einer DGS zu verwendende Mathematik keinesfalls aus der einfachen Umsetzung altbewährter Methoden besteht. Vielmehr ist an vielen Stellen fundamentale Begriffsbildung gefragt (sowohl auf der didaktischen als auch auf der fachlichen Seite).
Nachdem bereits ein erster Workshop
über ,,Lernprozesse mit DGS'' in Vechta stattgefunden hat, vgl. Gawlick(2000a),
wird nun im Mathematischen Forschungsinstitut Oberwolfach ein Workshop
stattfinden , der speziell die mathematischen Grundlagen, Eigenschaften
und Grenzen von DGS und ihren Einfluss auf die Begriffsbildung der Lernenden
in den Blick nimmt. Zielsetzung des Workshops ist hierbei die Intensivierung
des Gesprächs zwischen der fachmathematischen und der fachdidaktischen
Seite, die jeweils dynamische Geometriesysteme unter verschiedenen Blickwinkeln
studieren, was etwa im Bereich der Konzepte zum automatischen Beweisen
und zur Beschreibung von Konfigurationsräumen für beide Seiten
fruchtbringend sein sollte. Ziel des Workshops ist einerseits das Kommunizieren
und Vorantreiben der in den letzten Jahren gewonnenen Erkenntnisse. Andererseits
kann ein durch diesen Workshop initiierter und intensivierter Austausch
auf beide Seiten befruchtend wirken, indem er das Problembewusstsein für
verwandte Fragestellungen, die auf der jeweils anderen Seite liegen, verschärft.
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Nach über zehnjähriger Diskussion gibt es zahllose Arbeiten zum unterrichtlichen Einsatz von DGS. Nur wenige Konzepte wurden allerdings wissenschaftlich evaluiert. Im Bereich DGS liegen den Antragstellern keine quantitativen empirischen Studien vor, die den Kriterien von Ruthven (1997) genügen (i.e. Experimental- und Kontrollgruppen, Pre- und Posttest ); es gibt allerdings Feldstudien von Weth (1994, 1998) und Weigand (1999b). Wegweisend sind die qualitativen empirischen Studien von Hölzl (1994, 2000): Hölzl interpretiert Transkripte video- und audiodokumentierter Interaktionen von Lernenden mit DGS; erkenntnisleitendes Interesse ist der empirische Abgleich stoffdidaktischer Analysen mit konkreten Verläufen von Problemlöseprozessen. In seiner Dissertation untersucht Hölzl (1994) die eigenständigen Problemlöseprozesse von Schülerpaaren eines Wahlpflichtkurses und kommt dabei zu dem Ergebnis, dass die Interaktivität des Mediums die Lernenden zu Eigeninteresse und Ausdauer motiviert, es jedoch subtile Interaktionen zwischen der Geometrieauffassung der Software und der Vorstellung des Lerners gibt. In der Interaktion mit der DGS treten außerdem folgende problematische Handlungsweisen auf (Hölzl 1995, S. 93f.):
Umgehen von Werkzeugen: Bestimmte bereitgestellte Werkzeuge werden umgangen und einfachere Konzepte vorgezogen,
Unreflektiertes Benutzen von Werkzeugen,
Abweichen vom Ziel.
Der DGS-Einsatz sollte jedoch wohlbedacht erfolgen: ,,Dynamik per se liefert keinen didaktischen Vorteil.''
Die intensive Verwendung ist gewinnträchtig, wo sachlich begründetes instrumentelles Erfordernis auf fortgeschrittene mathematische Lernerfahrung trifft.
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Die ersten, gegen Mitte der 80er erhältlichen, dynamischen Geometrieprogramme verfolgten einen im Wesentlichen ,,naiven'' Ansatz, der geometrische Elemente intern direkt durch ihre euklidischen Parameter darstellt und Berechnungen mit Mitteln der Schulmathematik durchführt. In den letzten Jahren wurde an verschiedenen Stellen daran gearbeitet, die ,,naiven'' Konzepte durch mathematisch fundierte Theorien zu ersetzen, die es ermöglichen, eine einmal gemachte geometrische Konstruktion in einem sehr weiten Kontext zu interpretieren. Basierend auf diesen Entwicklungen entstand sozusagen eine zweite Generation von DGS, deren Möglichkeiten bei weitem über die ihrer Vorläufer hinausgehen. Typische Charakteristika dieser neueren Geometrieprogramme sind folgende (Quasi als Referenzprogramme beziehen wir uns hier auf die folgenden DGS: Cabri Geométrè (Laborde &Bellemain (1993-1998), Cedric (von Oertzen 1999), Cinderella (Richter-Gebert & Kortenkamp 1999, 2000) und Geometry Expert (Gao et al 1998).):
Nicht-Euklidische Geometrien werden zugänglich gemacht, entweder durch geeignete Makropakete (Cabri) oder durch eine weitere Erweiterung des Koordinatenmodells, z.B. durch Übergang zu Cayley-Klein Geometrien (Cinderella).
Die Systeme werden mit Methoden zum automatischen Beweisen ausgestattet, z.B. basierend auf Gröbnerbasen oder anderen idealtheoretischen Verfahren (Geometry Expert, Cedric) oder durch randomisierte Verfahren (Cinderella).
Es herrscht ein Übergang zu einem bewussten Umgang mit den dynamischen geometrischen Konstruktionen zu Grunde liegenden topologischen Strukturen. (Eine einfache Winkelhalbierendenkonstruktion zeigt schon Monodromie-Effekte.) Dies führt entweder zur bewussten (!) Vernachlässigung dieser Effekte aus didaktischen Überlegungen (Cabri, Geometry Expert, Cedric) oder zu deren programmtechnischen Umsetzung (Cinderella) mit damit verbundenen didaktischen Komplikationen.
Die Programme sind zunehmend mit Exportmöglichkeiten für das Internet ausgestattet (Cabri, Cinderella, Euklid).
Es werden partiell Möglichkeiten zum Einsatz gezielter Lernskripte geschaffen, die einen Schüler gezielt durch eine bestimmte Problematik führen sollen (Cabri, Cinderella).
Ein weiterer Aspekt, der in den letzten Jahren im Blickfeld der Forschung stand (und noch steht) ist das Studium von Konfigurationsräumen geometrischer Konfigurationen. In international sehr angesehenen Arbeiten wurde hier gezeigt, dass die in den verschiedensten Bereichen geometrischer Modellbildung (Geradenarrangements, Punktkonfigurationen, Gelenkmechanismen, Polytope) auftretenden Konfigurationsräume hochgradig nicht-triviale Strukturen haben können (Kapovich & Milson 1999, Mnev 1988, Richter-Gebert 1995a,b). Dies führte auch zu einer Neubetrachtung topologischer Aspekte bei elementargeometrischen Konstruktionen, wie sie in DGS vorliegen. Insbesondere stellte sich dabei heraus, dass bestimmte, in vielen DGS auftretende Effekte, die sich in spontanem Springen von mehrdeutig definierten Elementen äußern (vgl. Laborde 1997), ihre Ursache in nicht-trivialen topologischen Strukturen der auftretenden Konfigurationsräume haben (Kortenkamp 1999a,b, Kortenkamp & Richter-Gebert 2000). Die in diesen Arbeiten gewonnenen Erkenntnisse sind nicht nur für den Bereich der DGS interessant, sie haben auch weitreichende Auswirkungen auf Stabilitäts- und Konsistenzeigenschaften im parametrischen CAD (Hoffmann 1996), computergestützter Kinematik und Virtual Reality.
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,,Was'' und ,,wie'' beweist der 'Beweiser' einer DGS?
Der Zugmodus: mathematische Grundlagen und didaktische Konsequenzen
DGS, projektive und reell algebraische Geometrie
Veränderungen in Lehren und Lernen durch DGS
Für den Workshop versprechen wir uns von einer intensivierten Kommunikation von Schul- und Forschungsmathematik einen zweiseitigen Nutzen. Einerseits können didaktische Anforderungen befruchtend auf die grundlagentheoretische Seite wirken, indem sie mit neuen Problemkreisen konfrontieren, die vom Standpunkt der Mathematikforschung zunächst nicht offensichtlich sind (z.B. die Frage nach der Analyse des von einem Schüler eingeschlagenen Konstruktionswegs für ein konkretes Problem - wie kann eine DGS automatisch erkennen, ob der Schüler auf dem richtigen/ falschen Weg ist.) Andererseits versprechen wir uns auf didaktischer Seite ein erhöhtes Problemverständnis in die spezifischen, einem Beweiser zu Grunde liegenden mathematischen Schwierigkeiten. Insbesondere ist hier eine Diskussion über die Tragweite und Einsetzbarkeit der verschiedenen Beweiskonzepte zu erwarten.
Auch im Hinblick auf die Möglichkeiten des Zugmodus ergeben sich Fragestellungen, die einer vertieften und auch mathematisch stärker fundierten Behandlung bedürfen, denn "to understand students' (mathematical) experiences, it is important to characterize DG's behavior (in a mathematical way)." (Goldenberg & Cuoco 1998). Von dieser Diskussion erhoffen wir uns neue Einsichten in die bereits eingehend, aber nicht konkludent diskutierte Frage, in welchem Sinne es sich bei der dynamischen Geometrie um eine "neue" Geometrie handelt oder nur um eine andere Darstellung der euklidischen. Ein vertieftes Verständnis in die mathematische Natur von Sprungphänomenen beim Ziehen kann Entscheidungen sowohl hinsichtlich des Entwurfs von DGS als auch des unterrichtlichen Einsatzes erleichtern.
Auf dieser Basis sind auch Anwendungen von DGS denkbar (und auf dem Hintergrund der didaktischen Diskussion wünschenswert), die die Möglichkeiten von DGS stärker als bisher üblich in reichhaltigen mathematischen Kontexten nutzen. Im Hinblick auf die praktische Umsetzbarkeit dieser und vorhandener Innovationen darf hierbei natürlich die didaktische Perspektive nicht aus den Augen verloren werden:
Die Veränderungen bestehender Unterrichtsstrukturen und -inhalte und die Konstruktion neuer Inhalte auf der Basis neuer Technologien im Mathematikunterricht ist Bestandteil aktueller Diskussion im Bereich der Mathematikdidaktik. Die Zeit der Euphorie ist vorbei, die durch neue Softwareentwicklungen, im deutschsprachigen Raum allgemein als interaktive oder dynamische Geometrie- Software bezeichnet, qualitativ hochwertige bzw. größere Lernerfolge prophezeite. Der Fragestellung, welchen Einfluss der Computer auf den Mathematikunterricht und seine Lernbedingungen hat, muss nachgegangen werden.
Während einige den didaktischen Wert von DGS für den Schulunterricht an sich infrage stellen, vgl. Bender 1999, deuten aktuelle Forschungsergebnisse neue Chancen an, vgl. Heintz 2000c. Neue Forderungen an die Lehrerausbildung an der Hochschule entstehen aufgrund der veränderten Lehrbedingungen an den Schulen. Konzepte müssen dazu noch weiter entwickelt werden.
Aufgabe der Mathematikdidaktik wird es deshalb sein, Designs für Unterricht mit dem Computer zu entwerfen. Hier spielen die einzusetzenden Arbeitsblätter, die neu zu organisierende Lernumgebung für die Arbeit mit dem Computer eine große Rolle. Die Berücksichtigung des persönlichen Lernprozesses, die Vielfältigkeit von Lösungswegen, die Gestaltung der Arbeitsaufträge müssen konkrete Umsetzung finden. Wenn sich das Lernen verändert, wie muss sich dann infolge das Lehren verändern? Fragen, die zu klären sind.
Hieraus ergeben sich u.a. die folgenden Forschungsfragen, sie betreffen auch alle Phasen der Lehrerbildung (die universitäre Phase, den Vorbereitungsdienst und die Lehrerfortbildung):
Kann durch den Einsatz von DGS das Lernen funktionaler Zusammenhänge verbessert werden?
Inwiefern kann eine vom Lehrer unabhängige ,,automatische Lösungskontrolle'' den Lernprozess wirkungsvoll begleiten?
Wie wirkt sich der Einfluss der DGS auf die Gestaltung von unterrichtsbegleitenden Arbeitsblättern aus?
Welche Veränderungen in der Lehrerrolle (müssen) sich durch DGS ergeben?
Wie kann das Script der Engführung des deutschen Mathematikunterrichts durch die Konstruktion geeigneter geometrischer Lernumgebungen mit DGS-Benutzung aufgebrochen werden?
Wie können geeignete Arbeitsblätter und -materialien aussehen?
Welchen Beitrag kann der Einsatz eine DGS zur aktiven Sinnrekonstruktion geometrischer Konstrukte und zu konstruktivem und kumulativem Lernen leisten?
Welchen Stellenwert hat DGS bei der Herstellung einer fruchtbaren Balance zwischen Instruktion (durch den Lehrer) und Konstruktion (der Schülerin selbst)?
Was sind geeignete Forschungsdesigns für interpretative Unterrichtsbeobachtungen beim Einsatz einer DGS (im Anschluss an die Arbeiten von Reinhard Hölzl (z.B. Hölzl 1994, Hölzl 1999))?
Welche Forderungen an die Lehrerausbildung und -fortbildung bezüglich Geometrie und DGS entstehen aufgrund der veränderten Lernbedingungen an den Schulen?
Wie können Lehrerinnen und Lehrer dafür sensibilisiert werden, sich in eine neue Rolle eines ,,Organisators und Moderators von Lernprozessen'' hineinzufinden und ihre Schülerinnen und Schüler bei der Arbeit mit einem DGS bewusst und reflektiert zu beobachten?
Inwieweit kann der Einsatz von DGS unterstützend die Lehrerausbildung an der Hochschule begleiten?
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